Selektives Laserschmelzen

Zur Ausnutzung des Leichtbaupotenzials additiver Fertigung müssen sichere und reproduzierbare Strukturen hergestellt werden. Dies erfordert das Verständnis der Prozessparameter sowie der zugrundeliegenden Physik. Zudem müssen Designregeln und Rechenmethoden für Bauteile mit integrierten zellulären Mesostrukturen entwickelt werden. Hierzu werden effektive mechanische Eigenschaften, gezielte Gradierungen, Strukturintegration und Übergangsbereiche sowie dazugehörige experimentelle Methoden untersucht.

1. Einleitung

1.1 Technologie im Überblick

Die ersten Verfahren der additiven Fertigung entstanden Ende der 80er Jahre mit dem Ziel, kostengünstige Prototypen für anschauliche Zwecke anfertigen zu können. Heutzutage wird zunehmend an Verfahren gearbeitet, die für die Serienfertigung von Produkten geeignet sind. Bei der Herstellung von metallischen Produkten hat sich das Selektive Laserschmelzen (kurz: SLM, aus dem Englischen Fachbegriff „Selective Laser Melting“) durchgesetzt. Dabei handelt es sich um ein pulverbettbasiertes additives Fertigungsverfahren. Hier wird loses Metallpulver durch einen Laser schichtweise aufgeschmolzen. Dieses Prinzip bietet eine große Konstruktions- und Gestaltungsfreiheit und ermöglicht eine hohe Fülle neuer Anwendungsgebiete. Der große Vorteil der Technologie ist die Möglichkeit der integralen Bauweise. So können beispielsweise Bauteile, die vormals aus mehreren Baugruppen bestanden und geeignet verbunden werden mussten, direkt in einem Stück gefertigt werden. Darüber hinaus lassen sich Zusatzfunktionen, wie z.B. integrierte Kühlkanäle bei wärmeintensiven Bauteilen oder zelluläre Strukturen als Wärmetauscher, direkt in das Bauteildesign integrieren. Der Konstrukteur muss sich hier vom Gestalten mit konventionellen Fertigungsverfahren lösen und völlig neue Ansätze erdenken (Krause et al., 2013).

Darüber hinaus lassen sich in der Theorie theoretisch beliebig komplexe Strukturen fertigen, was sich idealerweise für Leichtbauanwendungen anbietet. Eine große Herausforderung stellt hier das zielorientierte Anwenden von Gestaltungsregeln im Sinne einer fertigungsgerechten Konstruktion dar. Dabei müssen insbesondere im Leichtbau komplexe Strukturen wie bionische optimierte Bauteile mit integrierter zellulärer Mesostruktur hinsichtlich ihrer statischen und dynamischen Belastbarkeit hinterfragt werden. Außerdem muss ein Bauteil stets einer technisch-wirtschaftlichen Bewertung unterzogen werden, um seine Eignung für das SLM zu überprüfen.

Zusammenfassend sei gesagt, dass SLM grundsätzlich großes Potential für die Konstruktion bietet, jedoch ein hohes Maß an Know-How bezüglich der Technologie erforderlich ist.

1.2 Marktüberlick

Der Marktanteil der additiven Fertigung (oftmals als AM abgekürzt, aus dem Englischen Fachbegriff „Additive Manufacturing“) am gesamten Produktionsmarkt mit einem Marktvolumen von 10 Bio. US-$ liegt heute bei 0,03% (Serlenga, 2015) und umfasst damit 3 Mrd. US-$. Daraus lässt sich ableiten, dass die Technologie derzeit eher eine Komplementärtechnologie zu den bestehenden Fertigungsmöglichkeiten darstellt. Dabei verfügt die AM-Technologie durch ihr hohes Maß gestalterischer Freiheit über enormes Leichtbaupotential. Die additive Fertigung hat sich bereits weg vom Rapid Prototyping und hin zum Rapid Manufacturing für professionelle Anwendungen entwickelt. Die stetige Entwicklung von Maschinen, Verfahren und Software belegt das Potential, das die Industrie in dieser Technologie sieht. An allen Aspekten, die heute Nutzer herausfordern, wird weltweit geforscht – von der Fertigungsgeschwindigkeit über die Wirtschaftlichkeit bis hin zur Verwendung neuer Materialien. Unten stehende Abbildung zeigt schematisch, wann sich die additive Fertigung mit derzeitigem Stand gegenüber konventionellen Fertigungsverfahren lohnt.

2. Forschungsthemen

Im Forschungsgebiet Selektives Laserschmelzen im Leichtbau werden Ansätze zur bionischen Produktentwicklung und die Möglichkeiten der Integration zellulärer Strukturen im Rahmen des additiven Fertigungsverfahrens SLM betrachtet. Der konzeptionelle Grundgedanke wird dabei schematisch in untenstehender Abbildung gezeigt.

2.1 Auslegung: Strukturoptimierung, Integration von zellulären Strukturen und fertigungsgerechte Konstruktion

In Wirtschaft und Forschung wird bereits eine Vielzahl von Ansätzen zur Optimierung mechanisch belasteter Strukturen angewandt. Das Fachgebiet LSM nutzt in seiner Forschung Werkzeuge wie die Topologieoptimierung, da lastoptimal gestaltete Bauteile im Rahmen der Additiven Fertigung durch den hohen Gestaltungsspielraum leicht realisierbar sind. Bauteile, die zuvor subtraktiv umständlich oder unmöglich fertigbar waren, werden innerhalb kurzer Zeit umsetzbar. Die Einbringung zellulärer Strukturen bietet ebenfalls erstaunliche Leichtbaupotentiale, fordert aber ein dediziertes Wissen über mechanisches Verhalten und Fertigungseinflüsse der dünnwandigen zellulären Strukturen. Untenstehende Abbildung gibt einen ersten Eindruck über den signifikanten Einfluss der Fertigung bei dünnwandigen Strukturen.

Abbildung 5: Bechmark der mechanischen Performance einer typischen Gitterstruktur. Quelle: LSM, TU Darmstadt

Die Integration von zellulären und dünnwandigen Strukturen ist Forschungsgebiet des Fachgebiets KLuB. Ohne Kenntnisse über das Prozessfenster zur zuverlässigen Generierung der dünnwandigen Strukturen ist eine sichere Integration nicht möglich. Durch intensive Erforschung der mechanischen Eigenschaften verschiedener Gitterstruktur-Typen ist es möglich, denjenigen Zelltyp auszuwählen, der am besten den mechanischen Anforderungen entspricht und das Leichtbaupotential maximal ausnutzt. Die rechte Abbildung zeigt hierzu exemplarisch ein Benchmark der mechanischen Eigenschaften für eine typische Gitterstruktur.

Gleichzeitig werden die fertigungsbedingten Restriktionen der additiven Fertigung im SLM-Verfahren bereits in der Konstruktion berücksichtigt.

2.2 Fertigung: Prozessfenster im SLM

Die Wandstärke von Bauteilen gibt maßgebend vor, mit welcher Belichtungsstrategie das Bauteil hergestellt werden sollte. Im Wesentlichen gibt es drei Strategien, die sich aus einer Variation von Kontur- und Hatchbelichtung zusammensetzen. Durch die unterschiedlichen Belichtungsstrategien bilden sich unterschiedliche Aufbaubilder. Diese beeinflussen das resultierende Gefüge und somit auch prozessbedingt das Werkstoffverhalten.

Die Qualität und die Werkstoffeigenschaften hängen jedoch nicht allein von der Belichtungsstrategie ab, sondern von vielen verschieden Parametern im Rahmen des SLM, die sich gegenseitig beeinflussen. Hier werden nur die wichtigsten untersucht, wie beispielsweise die Laserleistung und die Scangeschwindigkeit. Um diese Einflüsse für dünnwandige Strukturen besser verstehen zu können, werden für unterschiedliche Materialien Prozessfenster mit den wichtigsten Parametern ermittelt. In einem Prozessfenster, wie in untenstehender Abbildung zu sehen, bleibt die Belichtungsstrategie gleich, variiert werden die Parameter Laserleistung und Scangeschwindigkeit. Es zeigt sich, dass die Prozessparameter Einfluss auf zahlreiche Faktoren haben, z.B. die Strukturgeometrie, Maßhaltigkeit, Porosität oder Partikelanhaftungen.

3. Unser Angebot

3.1 Informationen für Firmen

Durch die enge Verzahnung zwischen Theorie und Praxis bieten optimalen Startpunkt für gemeinsame Projekte mit Partnern aus der Industrie. Dabei bringen wir unser Fachwissen ein, um ganzheitliche Lösungen mit Ihnen gemeinsam zu entwickeln und die Technologie der Additiven Fertigung Mehrwert schaffend in Ihre Wertschöpfung zu integrieren.

Unsere Erfahrung zeigt, dass Ingenieure in der Konstruktion das grundsätzliche Potential der Technologie kennen. Jedoch herrscht oftmals Unsicherheit, welche Bauteile durch welches generative Fertigungsverfahren in geeigneter Weise zu ersetzen sind. Über diese Schwelle entwickeln wir unsere Partner hinaus, um das disruptive Potenzial der Technologie nutzen zu können. Unsere Expertise im Bereich der Produktentwicklung und Gestaltung bezieht sich dabei auf die gesamte Prozesskette des selektiven Laserschmelzens. Dies umfasst sowohl die Datenaufbereitung im CAD über die ggf. anstehende Optimierung, die Nachweisführung, die fertigungsgerechte Konstruktion sowie die Auswahl von Prozessparametern für hohe Bauteilqualität.

3.2 Informationen für Studierende

Es ergeben sich ständig neue und interessante Aufgabenstellungen, die im Rahmen einer Abschlussarbeit bearbeitet werden können. Dabei sind wir stets auf der Suche nach engagierten und begeisterungsfähigen Studierenden.

Da wir aber kontinuierlich neue Fragestellungen erschließen, empfiehlt es sich, das persönliche Gespräch zu suchen und potentielle Forschungsfragen gemeinsam zu diskutieren. Wir schätzen Initiative und freuen uns auch über eigene Themenvorschläge von Studierenden. Auch ADPs sind im Forschungsbereich möglich.

Ansprechpartner für diesen Forschungsbereich ist Matthias Greiner .

Eine Liste der aktuell ausgeschriebenen Abschlussarbeiten am Fachgebiet finden Sie hier .